Karate-Do, übersetzt „der Weg der leeren Hand“, ist eine traditionsreiche und komplexe Kampfkunst, deren Ursprünge tief in der Geschichte von Okinawa verwurzelt sind. Ursprünglich als eine Methode der Selbstverteidigung entwickelt, entstand Karate in einem kulturellen Schmelztiegel, in dem Einflüsse aus der chinesischen Kampfkunst, indigenen Techniken und japanischen Kampfkünsten zusammenflossen.
Im 19. Jahrhundert begann die Formung dessen, was heute als Karate bekannt ist. Okinawa, eine kleine Inselgruppe südlich von Japan, war ein Knotenpunkt für den Austausch von Wissen und Kultur. Die Bevölkerung von Okinawa entwickelte eigene Kampftechniken, die unter dem Begriff „Tode“ bekannt wurden, was soviel wie „chinesische Hand“ bedeutet. Diese Techniken wurden stark durch den Austausch mit chinesischen Kampfkünstlern beeinflusst, die regelmäßig die Insel besuchten.
Ein bedeutender Wendepunkt in der Geschichte des Karate war das frühe 20. Jahrhundert, als die Kampfkunst nach Japan gelangte. Diese Verbreitung war größtenteils der Arbeit von Gichin Funakoshi zu verdanken, einem einflussreichen Karate-Meister aus Okinawa. Funakoshi, der 1868 in Shuri, Okinawa geboren wurde, war tief in der okinawanischen Kampfkunst verwurzelt und ein Schüler von Anko Itosu und Anko Azato, zwei prominenten Meistern ihrer Zeit.
Gichin Funakoshi spielte eine entscheidende Rolle bei der Einführung und Popularisierung des Karate in Japan. 1922 wurde er von der japanischen Regierung eingeladen, eine Vorführung des okinawanischen Karate in Tokio zu geben. Diese Vorführung markierte den Beginn der Verbreitung des Karate in Japan. Funakoshi entschied sich, in Japan zu bleiben und seine Kampfkunst weiterzuentwickeln und zu lehren.
Unter Funakoshis Anleitung nahm Karate wesentliche Veränderungen an, um es an die japanische Kultur und das Budo, die japanische Kriegerphilosophie, anzupassen. Er änderte die Schriftzeichen von „Karate“ von „chinesische Hand“ (唐手) zu „leere Hand“ (空手), um den universellen und friedlichen Charakter der Kampfkunst zu betonen. Ebenso fügte er den Begriff „Do“ (道) hinzu, was „Weg“ bedeutet, um zu betonen, dass Karate nicht nur eine Sammlung von Techniken, sondern auch ein Weg der geistigen und moralischen Entwicklung ist.
Funakoshi entwickelte auch einen systematischen Lehrplan und standardisierte viele der Techniken und Formen (Kata). Diese Strukturierung half, Karate in ganz Japan populär zu machen und legte den Grundstein für die verschiedenen Karate-Stile, die sich später entwickelten. Eines der wichtigsten Resultate seiner Arbeit war die Entstehung des Shotokan Karate, benannt nach seinem Pseudonym „Shoto“, was „Pinienrauschen“ bedeutet.
Shotokan Karate zeichnet sich durch seine tiefen Stände, kraftvollen Techniken und eine starke Betonung auf Grundtechniken (Kihon), Formen (Kata) und Freikampf (Kumite) aus. Funakoshis Lehren betonten nicht nur die körperliche Disziplin, sondern auch die Entwicklung von Charakter, Respekt und Bescheidenheit. Seine 20 „Precepts of Karate“ (Niju Kun) sind ein testamentarisches Manifest seiner Philosophie und Leitlinien für Schüler auf ihrem Weg im Karate-Do.